Frage:
Worin liegt die größte Herausforderung, Teams effektiv zu führen?
Holger Braack:
Abteilungen sind komplexe Systeme unterschiedlichster charakterlicher Eigenschaften und fachlicher Qualifikationen. Ein Gemenge an unbewussten Motiven und Glaubenssätzen, die uns in unserer Kindheit in die Wiege gelegt wurden. In Kombination mit den individuellen Ansprüchen der Teammitglieder ergeben sich jede Menge Reibungspunkte, die dazu führen können, dass sich die Mitarbeiter stärker mit sich selbst und mit den anderen Teammitgliedern als mit ihrer eigentlichen Aufgabe beschäftigen.
Frage:
Welche maßgeblichen Gründe verhindern häufig die optimale Effektivität einer Abteilung?
Holger Braack:
Ich möchte die Frage einmal anders formulieren: Woran liegt es, dass es auch in Unternehmen, die krisengeschüttelt sind oder eine nachweislich schlechte Führungskultur haben, Abteilungen, Gruppen, Teams gibt, die Höchstleistungen erbringen? Das liegt an der teamspezifischen Art und Weise des Umgangs mit einander, an größtmöglichem Gestaltungsspielraum, der in diesem Mikrokosmos eingeräumt wird, an Vertrauen, das die Mitarbeiter genießen. Kurzum: Die Führungskraft strahlt Ruhe und Souveränität innerhalb des Teams aus, verhält sich gegenüber den Mitarbeitern loyal, schirmt sie vor Irrungen und Wirrungen des Konzerns ab und agiert aus einer Position der persönlichen Stärke. Sie erkennt die bewussten und unbewussten Motive der Mitarbeiter und bedient diese gezielt.
Frage:
Wie wichtig ist es, sich in den richtigen Netzwerken zu bewegen?
Holger Braack:
Grundsätzlich ist es immer gut, jemanden zu kennen, der jemanden kennt, der Einfluss hat. Gerade in Konzernen nimmt die Auseinandersetzung mit den Spielregeln des Hauses, das unternehmenspolitisch korrekte Agieren einen größeren Zeitanteil ein. Leicht erliegt eine schwächere Führungskraft der Verlockung, alles auf die Karte Opportunismus und Seilschaften zu setzen und vergisst dabei das größte Gut, dass sie einst in das Unternehmen und vielleicht sogar in die Position brachte, in der sie ist: Persönlichkeit, Authentizität und fachliche Leistungsfähigkeit. Die Gefahr dabei: Einflussreiche Manager gehen, Seilschaften wandeln sich, der Halt schwindet.
Der Weg zu Stärke und Authentizität führt über Selbsterkenntnis, über Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst.
Frage:
Wie schafft es ein Mitarbeiter, eine Gruppe zu führen, der er vormals selbst als Gleicher unter Gleichen angehörte?
Holger Braack:
Basis für die erfolgreiche Beförderung ist der verlässliche Rückhalt des Vorgesetzten. Von der neuen Führungskraft ist sehr viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit seinen bisherigen Kolleginnen und Kollegen gefragt. Weder ein aufgesetztes autoritäres Gehabe noch eine Fortsetzung der Linie „Gleicher unter Gleichen“ führt zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Die neue Führungskraft muss durch Fachwissen, Moderationsfähigkeit und transparentes, nachvollziehbares Handeln überzeugen.
Frage:
Wie gehen Sie in so einem Fall vor?
Holger Braack:
Ich schaue mir gemeinsam mit der neuen Führungskraft zunächst seine Außenwirkung an, gleiche mit ihr Selbst- und Fremdbild ab, analysiere mit ihr seine Teamstruktur und gleiche die Profile und Motive seiner Mitarbeiter ab. Wir erarbeiten eine optimierte Verteilung geliebter und ungeliebter Tätigkeiten im Team zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit. Wir entwickeln differenzierten Ansätze zur Ansprache und zum Umgang mit den einzelnen Mitarbeitern, schließlich reflektiert der eine stärker auf Anreize, der andere benötigt klare Vorgaben, die dritte fordert besonders häufig Lob und Anerkennung.
Frage:
Können Sie das konkretisieren?
Holger Braack:
Gute Erfahrungen habe ich mit Aufstellungsarbeit gemacht. Die Führungskraft stellt ihr Team zunächst figürlich auf. Bereits die Auswahl der Figuren sagt eine Menge über die Teammitglieder aber auch über die Führungskraft selbst aus. Dann lokalisieren wir die Spannungsfelder im Team anhand der Eigenschaften der Figuren und entwickeln Lösungs- und Verhaltensansätze für die reibungslosere Zusammenarbeit. Dieses Vorgehen hat sich als sehr wirkungsvoll und erfolgsversprechend im Business Coaching herausgestellt, konnte es sich doch bereits im Psychodrama und im Personal Coaching bewähren.